Wir waren dieses Jahr endlich mal wieder auf einer der Nordseeinseln – unser Familien-Lieblingsurlaub. Natürlich ohne Auto. Besonders angenehm dort, abgesehen von Dünen und Meer, Sandburgenbauen und Wellenspringen: Auf den autofreien Inseln fühlt man sich als Familie ohne Auto nicht wie komische Sonderlinge.
Packen
Zunächst wollen vier Koffer so gepackt werden, dass keiner zu schwer wird und im Inneren nichts zerquetscht oder zerbricht. Aber das Packen wäre für eine Flugreise ja noch komplizierter. Und selbst Leute, die mit dem Auto anreisen, müssen spätestens an der Fähre ihr Gepäck so verstauen, dass es aufs Schiff geladen oder mit hinein genommen werden kann.
Keine Ahnung, wie gut das Versenden von Koffern oder Kisten in den Urlaub und zurück so klappt. Das trauen wir bisher weder der Bahn noch der Post zuverlässig genug zu und haben es lieber noch nie ausprobiert.

Wir haben es wieder geschafft, all unser Gepäck in vier Koffern und vier Rucksäcken unterzubringen. Diesmal sogar für zwei Wochen auf der Insel – wobei das keinen allzu großen Gepäckmengen-Unterschied zu früheren Urlauben von nur einer Woche machte, zumal es laut Ferienwohnungsbeschreibung eine Waschmaschine gab.
Loslaufen
Diesmal haben wir es zudem tatsächlich geschafft, halbwegs pünktlich zur Tür raus zu gehen. Sonst ist unser Weg zum Bahnhof oft von Hektik und streckenweiser Rennerei geprägt. So hätten wir relativ entspannt in diesen Urlaub starten können …
Völlig entspannt waren wir aber trotzdem nicht. Wir peilten einen Zug früher an, als die Bahn uns als Verbindung ausgegeben hatte, aufgrund der generellen Unzuverlässigkeit und speziell aufgrund von Zugausfällen in den letzten Tagen wegen kaputter Dinge genau auf unserer Strecke.
Züge kriegen
Der angepeilte Regionalexpress hatte nur 10 Minuten Verspätung. Er war um 8 Uhr morgens an einem Sonntag angenehm leer. Wir fanden Sitzplätze nahe beieinander und unter den Sitzen ist sogar Platz genug für Koffer. Keine Selbstverständlichkeit; viele Regionalzüge sind so gebaut, dass ein normaler Reisekoffer quasi nirgends untergebracht werden kann.
Die schöne Mittelrheinstrecke am Rhein entlang mit glitzerndem Fluss, bewaldeten Hängen und Burgen ist immer ein herrlicher Urlaubseinstieg.
Erster Umstieg Koblenz. Kleine Freuden des Bahnfahrers:
„Eine Rolltreppe! Und sie funktioniert sogar!“
„Ui, unser Zug steht schon da, wir können gleich einsteigen.“
Wir nahmen wieder lieber den Regionalexpress eine halbe Stunde früher, weil unser eigentlich nach Köln gebuchter IC bereits eine Verspätung anzeigte und wir den nächsten IC in Köln auf keinen Fall verpassen wollten. Alles Gepäck war schon verstaut (in einem freien Zweiersitz hinter unserem Vierer, denn es passte nur der kleinste Koffer in die Gepäckablage), und es war noch Zeit bis zur Abfahrt. So machten Schatz und Kind 1 sogar noch einen Ausflug in den Bahnhofsbuchladen.
Noch eine erfreute Feststellung im zweiten Zug (Leider auch keine Selbstverständlichkeit):
„Das Klo funktioniert und es ist noch sauber. Und es gibt sogar Desinfektionsmittel, Seife und Abtrockentücher!“
Der Umstieg in den letzten IC der Strecke klappte auch wunderbar, der Zug fuhr pünktlich und wir konnten sogar ein paar Getränke bei einem Zugbegleiter bekommen. (Die sind uns eigentlich viel zu teuer, aber weil Schatz für seine berufliche Pendelei die Bahncard 100 braucht, hat er oft einige Bahngutscheine, mit denen er auf seinen normalen Strecken nicht viel anfangen kann. Die bescherten uns nun auf dieser Urlaubsfahrt ein paar gekühlte Getränke.)
Die Fähre kriegen
Langsam und vorsichtig schöpften wir Hoffnung für den kritischen, letzten Anschluss, den wir unbedingt kriegen mussten: den Bus zur Fähre. Dieser Bus scheint zwar eigens dafür da zu sein, die Leute aus diesem Zug zu Fähre zu bringen, aber die Fähre kann nicht ja nicht endlos warten, weil sie im Wattenmeer zwischen Festland und Inseln auf die Flut angewiesen ist.
Wir kriegten den Bus. Aber der war noch einmal eine andere Herausforderung. Die glücklichen Ersten – zu denen wir dank meinem Eile machenden Schatz gerade noch so gehörten – konnten ihr Gepäck bereits hier in einen Container stellen, der dann später direkt vom Busanhänger aufs Schiff gehoben wurde. Andere mussten die Koffer mit in den proppevollen Bus nehmen.
Der Bus war nicht nur so voll, dass manche auf der Überlandfahrt stehen mussten, er war so aufgeheizt, dass man sich wie in einer Sauna fühlte, obwohl es draußen nicht besonders heiß war. Die etwa eine halbe Stunde dauernde Fahrt war nur mit provisorischen Fächern zu ertragen. Manche im Bus hatten sogar richtige Fächer dabei. Ob das die Erfahrenen waren, die sich mit den Tücken von Klimaanlage und Lüftung dieser Busse hier auskannten?
Auf dem Schiff gab es genug Platz und die Überfahrt war angenehm. Wir haben sogar ein paar schwimmende und immer schnell wieder abtauchende Seehunde im Meer gesehen.
Spannende Transportmittel ohne Auto
Bei der Ankunft am Baltrumer Hafen gab es gleich die immer wieder staunenswerte Vielfalt der dortigen Verkehrsmittel zu sehen: Eine große Planwagen-Kutsche, die als Inselbus fungiert, sogar mit einem zusätzlichen Anhänger fürs Gepäck. Diverse Größen und Formen von Handkarren und Bollerwagen – für Gepäck oder müde Kinder –, Fahrräder, wenige E-Bikes, Fahrradgepäckträger und -anhänger in verschiedensten Größen, bis hin zu einem Dreifach-Anhänger voller Koffer, was wie ein kleiner Zug aussah, der von einem Radfahrer gezogen wurde.
Später auf der Insel haben wir auch noch die von Pferden gezogene Müllabfuhr und Getränkelieferung gesehen, und die Straßenreinigung, die ebenfalls nur mit einem Lastenrad unterwegs war. Ich habe leider oft nicht rechtzeitig daran gedacht, all diese Gefährte mal zu knipsen.


Als Allergiker bin ich von der 1 bis 2 Bio-PS-Lösung nicht so begeistert, aber dass hier eigentlich alles, was an Bewegung oder Transport nur irgendwie geht, von menschlicher Muskelkraft gemacht wird, macht diese Inseln zu einem Paradies der Ruhe und der Verkehrssicherheit, insbesondere für kleine Kinder, von denen erstaunlich viele dort ganz auf eigene Faust unterwegs sind.
Wie nah man an dieses Fußgänger- und Radfahrerparadies wohl in unseren „normalen“ Städten und Wohngegenden kommen könnte?